Herausgabe bitte!
Zuweilen ist es nicht auf den ersten Blick eindeutig zu beurteilen, wem das Erbe zusteht. Nicht immer fällt die Erbschaft direkt demjenigen zu, für den sie der Erblasser gedacht hat.
Wenn ein vom Erblasser erstelltes Testament nicht direkt oder erst später aufgefunden wird, geht das Nachlassgericht anfangs davon aus, dass kein Testament existiert und die gesetzliche Erbfolge tritt ein. Taucht sodann ein gut verstecktes Testament doch noch aus der Versenkung auf, haben möglicherweise die "falschen" Personen die Erbschaft in Besitz genommen und müssen diese wieder herausgeben.
Auch durch eine erfolgreiche Testamentsanfechtung können die Karten nochmals neu gemischt werden. Möglicherweise fällt die Erbschaft dann an andere Personen, als an die, die die Erbschaft zunächst in Besitz genommen haben.
Der tatsächliche Erbe hat sodann einen Herausgabeanspruch.
Herausgabe ohne Einschränkung?!
Bitter für diejenigen, die die Erbschaft zunächst erhalten haben und nun wieder herausgeben sollen. Schließlich ist es in der Regel so, dass derjenige, der Besitzer der Erbschaft geworden ist, gutgläubig davon ausging, dass er diese auch behalten darf. Aber das ändert leider nichts an der Tatsache, dass der "falsche" Besitzer das Erbe herausgeben muss.
Allerdings schützt der Gesetzgeber auch den Erbschaftsbesitzer:
- Wenn dem Erbschaftsbesitzer die Herausgabe der Sache nicht mehr möglich ist, kann er dazu auch nicht verpflichtet werden.
- Hat der Erbschaftsbesitzer einen Erbschaftsgegenstand verbraucht (zum Beispiel die teure Weinsammlung von Opa) oder ist ein zum Nachlass gehörender Gegenstand zerstört worden, dann kann der Erbe seinen Herausgabeanspruch grundsätzlich nicht mehr durchsetzen. Hat der Erbschaftsbesitzer als Ersatz für den verbrauchten oder zerstörten Gegenstand etwas erhalten (beispielsweise den Verkaufserlös), dann muss er das anstelle des Gegenstandes an den "wahren" Erben herausgeben.
- Der Erbschaftsbesitzer kann zudem die Kosten, die ihm aufgrund der Erhaltung oder Verwahrung des Nachlasses entstanden sind, vom Erben ersetzt verlangen.
Und wie funktioniert´s?
Der Erbe wird mit dem Erbfall Eigentümer des Nachlasses und kann daher die Herausgabe des Nachlasses einklagen. Für die Herausgabeklage müssen die Gegenstände, welche herausverlangt werden, genau bezeichnet werden. Eine pauschale Klage auf Herausgabe des Erbes ist nicht zulässig. Daher muss zunächst der Auskunftsanspruch geltend gemacht werden und sodann im Wege einer Herausgabeklage die konkreten Gegenstände herausverlangt werden.